Was 1971 am Ätna geschah, war nicht „nur ein Ausbruch“. Es war ein Teil der Hölle, der auf den Vulkan gefallen zu sein schien. Gleichzeitig war es eine großartige Show der Natur. Damals gab es keine Sicherheitsgesetze, so dass viele Menschen die Möglichkeit hatten, sich der Lava zu nähern und dort Fotos zu machen. Jemand entnahm auch Teile der Lava, um Souvenirs herzustellen! Dies war einer der längsten Ausbrüche des Ätna – er dauerte 2 Monate. Die Lava kam den Städten dabei ernsthaft nahe.
Ein großer Ausbruch in zwei Schritten
Am 5. April 1971, am Ende einiger seismischer Ereignisse, brach die Spitze des Ätna in 3050 Metern Höhe in verschiedene Teile. Durch viele der Brüche trat Lava aus. Die Lavaströme erreichten den Berg Frumento Supino, andere bedeckten den Ort, der einst Pian del Lago hieß.
Um den 15. April herum öffneten sich weitere Brüche und mehr Lavaströme traten ans Tageslicht. Das Observatorium und der Standort Torre del Filosofo wurden zerstört. Danach gelangte die Lava in Richtung des Rifugio Sapienza blieb aber stehen, bevor sie dort ankam. Am 7. Mai schien es vorbei zu sein, aber ein paar Stunden später fing die Hölle wieder von vorne an! Weitere Eruptionsöffnungen erschienen in geringerer Höhe (von 2900 bis 2600 Metern Höhe), diesmal an der Nordostflanke. Der zweite Schritt hatte gerade erst begonnen und es war sehr besorgniserregend.
Der Ausbruch von 1971 in Richtung Fornazzo
In der Serra delle Concazze (nordwestliche Seite des Valle del Bove) und weiter östlich in der Nähe der Citelli-Zuflucht öffnete sich plötzlich der Boden. Diese Risse befanden sich jetzt in der Nähe der bewohnten Region, und die vier Zweige der flüssigen Lava, die von dort kamen, waren weiter in Richtung Tal unterwegs. Der resultierende Lavastrom hatte eine 11 Meter breite Front. Als ob dies nicht genug wäre, öffnete sich 100 Meter tiefer ein weiterer Bruch und brachte noch mehr Lava hervor.
Die Feuerflüsse erreichten die Straße nach Fornazzo, bedeckten einen Teil einer kleinen Landkapelle und bahnten sich weiter Ihren Weg in die Stadt Sant’Alfio. Glücklicherweise leiteten die Hügel des Landes die Lava in Richtung einer Schlucht zwischen Fornazzo und Sant’Alfio. Die Städte wurden verschont, aber Felder, Wälder und Weinberge sind in Rauch und Flammen aufgegangen. Die Eruptionen endeten am 10. Juni und am 12. kehrte Ruhe ein – zum Glück wurde keine der Städte zerstört. Die Lava hatte eine Strecke von siebeneinhalb Kilometern zurückgelegt.
Der Südostkrater
Während sich alle auf die Lavaströme und den Verlauf des Ausbruchs konzentrierten, der auf das Tal zulief, trat auf dem Ätna ein Phänomen auf, das erst einige Wochen später bemerkt wurde. Der Boden am Fuße des Zentralkraters brach zusammen und bildete einen Abgrund. Durch den Riss den er erzeugte wurden Lavafontänen ausgestoßen, die bald einen kleinen Kegel bilden würden. Nur wenige Jahre später wurde dieser „kleine Kegel“ zum gigantischen Südostkrater.
Die Menschen und die Lava
Der Ausbruch von 1971 wurde von vielen Menschen miterlebt und weitererzählt. Die Langsamkeit, mit der die Lava in Richtung der Straßen und Dörfer herablief, ermöglichte es Menschenmassen – Einheimischen und Touristen, sich der Lavafront zu nähern. Mit nur wenigen Polizisten, die für Ordnung sorgten, machten viele Erinnerungsfotos vor dem Lavastrom und bewunderten die Naturgewalten und die Handwerker, die diese für Ihre Zwecke nutzten.
Tatsächlich nahmen einige Bildhauer den geschmolzenen Stein mit langen Metallstöcken und bearbeiteten die Lava an Ort und Stelle, geschützt durch feuerfeste Anzüge, vor den bewundernden Augen von Hunderten von Zuschauern. Diese mutigen Künstler produzierten auf diese Weise „lebende“ wundervolle Aschenbecher und Objekte – aus echter Lava -, die Touristen begeisterten. (Das Foto im Artikel stammt aus dem Buch ETNA – von Orazio und Antonio Nicoloso, Haroun Tazieff, Herausgeber Plurigraf 1977; das obere Foto stammt von G. Musumeci)